3 Horst Lantzsch aus USA an Dr. Adenauer über

Alfred Ascher und Walter Linse

Horst und Alfred, fast gleichaltrig, waren wahrscheinlich Schulfreunde in Chemnitz. Alfred ein Jude, Horst aber nicht – trotzdem haben sie zusammengehalten. Später, als junge Männer wollten sie in ein Lokal gehen, um ein Bier zu trinken – wurden aber von einem SA Mann gestoppt: “Juden nicht erwünscht”  -  und der Mann liess Alfred passieren und deutete auf Horst, den Arier, der aber dunklere Haare und Hautfarbe hatte... Horst war und blieb ein treuer Freund, auch in der Not, hat sich für Alfreds Entlassung aus dem KZ eingesetzt und hat die beiden Aschers auf ihrer Flucht bis an die belgische Grenze begleitet (3a).

Alfred Ascher und seine Frau Edith lebten schon zehn Jahre in Manchester, New Hampshire, in den USA, als Horst Lantzsch 1951 mit Frau und Tochter erst nach Westdeutschland, dann nach USA auswandern wollte. (3b) Natürlich halfen Aschers den guten Freunden mit Unterkunft und Starthilfe in Manchester. Tochter Sonia Ascher erinnert sich an diese Zeit.

Offenbar erfuhren Ascher und Lantzsch ein Jahr später durch die amerikanische Presse (3c) von Dr. Linses Entführung durch die DDR/UdSSR Geheimdienste, und sahen ihn in Not – ähnlich wie Herr Ascher 13 Jahre vorher in Not war. Um Linse zu helfen, schrieb Herr Lantzsch am 29. Oktober 1952 an Bundeskanzler Dr. Adenauer. Dieser liess einen Auszug des Briefes an den Untersuchungs-ausschuss freiheitlicher Juristen in Westberlin, Linses letzte Arbeitsstelle, weiterleiten (Auszug und Begleitschreiben 3d,e).    

Herr Lantzsch schreibt: “… Mit Unterstützung von Herrn Dr. Linse, der sich unter Aufopferung seiner Existenz massgebend dafür einsetzte, war es möglich, meinen Freund Ascher aus dem KZ-Lager herauszuholen. Herr Dr. Linse war damals Mitarbeiter der Handelskammer Chemnitz. Ein Mensch mit einer solch anständigen Gesinnung gehört nicht ins Gefängnis…..”*

Manche mögen heute denken, dass, rückblickend, Linses Existenz in der Nazi-Zeit aus einem oder anderen Grund nicht gefährdet war. Ich denke jedoch, dass sich damals niemand, auch nicht Dr. Linse, sicher fühlen konnte. Es gab so viele Eiferer, besonders in Chemnitz, so viele widersprüchliche Anordnungen, dass man nicht wissen konnte, wie irgendwelche Handlungen schliesslich ausgelegt würden. Benno Kirsch weist in seinem Buch mehrfach auf Dokumente hin, in denen die Nazi-Loyalität der IHK oder einzelner Mitarbeiter in Frage gestellt wird. Das waren in dieser Zeit gefährliche Andeutungen. Vielleicht muss man selbst einmal in einem totalitären Staat gelebt haben, um das zu verstehen.

Ich vertraue dem Urteil von Horst Lantzsch, der Aschers ein treuer Freund war, und ein Zeitzeuge: Linse war ein anständiger Mensch.                               

*Auch dieses Charakterzeugniss fuer Linse wird  schon bei Mampel und Kirsch beschrieben.

3a Interview mit Horst Lantzsch

Zeitung: Washington Star, Fairfax VA, USA,   7. Juli 1978  (Auszug)

Herr Lantzsch zog etwa zwei Jahre nach seiner Ankunft bei Aschers in USA in die Gegend  von Washington DC und eröffnete dort ein Autoverkaufsgeschäft.  Nach 25 Jahren war er sehr erfolgreich, was sich in diesem Artikel  widerspiegelt. Herr Lantzsch erzählt auch von Aschers und von seiner Hilfe für den  Jugendfreund Alfred. Der Reporter (Ewing) hat mit Aschers am Telefon gesprochen und diese haben Lantzsch's Hilfe bestätigt.                             (Zusammenfassung  Deutsch, siehe  weiter unten)

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Kommentar / Zusammenfassung zu dem Artikel über H. Lantzsch.

Der Zeitunsartikel (engl.) ist ziemlich lang und schwer lesbar. Deshalb gebe ich hier nur eine kurze Zusammenfassung / Übersetzung. (Ich kann Ihnen aber gerne eine bessere Kopie zustellen)

Eine Tat mit Mut und Mitgefühl rettete einen jüdischen Geschäftsmann Alfred Ascher aus dem KZ. Das war der Anfang der Karriere von Horst Lantzsch, nun ein sehr erfolgreicher Autohändler in Fairfax Virginia, USA. Horst Lantzsch war ein treuer Jugendfreund von Alfred Ascher, in Chemnitz.  Etwa 1950 ist Lantzsch mit Frau und Tochter von Chemnitz nach Westdeutschland geflohen und danach weiter in die USA. Dort ist er zunächst bei Aschers untergekommen und fand zwei Jahre lang Arbeit als Verkäufer  für Gerauchtwagen. Danach zog er nach Fairfax, Virginia - ausserhalb von Washington, DC und kaufte / gründete mehrere Autohandlungen.

Der Reporter des Zeitungsartikels hat auch die Familie Ascher in New Hampshire angerufen - diese haben die Hilfe von Horst Lantzsch bestätigt.

[dieser Horst Lantzsch hatte schon 1952 noch von New Hampshire aus, als er noch bei Aschers wohnte,  an Dr. Adenauer geschrieben und um Hilfe für den entführten Dr. Linse gebeten hat, mit dem Kommentar, dass Dr. Linse Herrn Ascher aus dem KZ befreit habe. Siehe doc 3c,d,e.   (Anm. P.Seifert)]

Der Reporter berichtet auch, dass Lantzsch Herrn und Frau Ascher an die Grenze nach Belgien begleitet und bei dem Grenzübertritt geholfen hat.

3b Bruno Horst Lantzsch, Antrag auf Aufnahme in
das Sozialversicherungs-System  (Öffentliches Dokument)

 

Dieses Dokument bestätigt, dass Herr Lantzsch im August 1951 in Manchester, New Hamphire, USA gewohnt hat, und zwar bei Aschers, im selben Haus. Das wiederum hat mir auch Frau Sonia Ascher bestätigt. In dieser Zeit hat Sonia auch die etwa gleichaltrige Tochter der Familie Lantzsch kennengelernt.

3c Artikel in TIME Magazin  (USA), 21. Juli 1952, Seite 22

Ein Beispiel, wie H. Lantzsch und A. Ascher in USA von W. Linses ge-waltsamer Ent- führung gelesen haben könnten.

Es gab auch Hin-weise in anderen Zeitungen oder Illustrierten (Z.B: Life Magazine)

  3d Horst Lantzsch Brief aus USA an Dr. Konrad Adenauer,

vom   29. Oktober, 1952

Auszug,  vom Bundesinnenministerium angefertigt und an den UfJ  (Westberlin),  Walter   Linses letzte Arbeitsstelle, mit einem Begleitschreiben (siehe 3e) weiter geleitet.

3e Begleitschreiben vom Bundesinnenministerium an den UfJ,

Westberlin,

                                       

zur Weiterleitung des Auszuges aus dem Brief an Dr. Adenauer, von Horst  Lantzsch  an den Untersuchungsausschuss  UfJ, Dr. Linse's letzte Arbeitsstelle (doc 3d).